Bedenken beim Stromnetzkauf nicht abwiegeln, sondern ausräumen!
Die GRÜNE Fraktionsvorsitzende Ellen Enslin war in der Diskussion um den Stromnetzkauf doch sehr überrascht, dass wichtige Fragen unbeantwortet blieben. Die GRÜNE Fraktion konnte dem Kauf nicht zustimmen, weil für sie wichtige Informationen fehlten. Der Vergleich mit dem Projekt EnergieRegion Goldener Grund hat zu folgenden Ergebnissen geführt:
- Die Netzeigentumsgesellschaft „EnergieRegion Taunus Goldener Grund“ wurde 2015 gegründet. Zu dieser Zeit gab es erheblich bessere Rahmenbedingungen. Für die Pachtermittlung gab es einen beträchtlich höheren Eigenkapitalzins, der für die Pachterlöse in Anrechnung gebracht werden konnte.
- Den Themen Wirtschaftlichkeit und Risiko wurde die notwendige Priorität eingeräumt. Es gab ein Markterkundungsverfahren mit Stellungnahmen, die berücksichtigt wurden, so wie es § 121 Abs. 6 HGO vorsieht. Außerdem wurde die Kreditfinanzierung über 20 Jahre dargestellt statt über 40 Jahre.
- Obwohl 9 Kommunen dabei sind, ist jede Kommune im Aufsichtsrat mit 3 Mitgliedern vertreten.
- Ziel ist es hier, dass nach 20 Jahren 51% des regionalen Versorgungsnetzes in das Eigentum der Kommunen übergeht und die Finanzierung des Kaufpreises und die Tilgung des Darlehens abgeschlossen ist.
„Wir hätten uns sehr gefreut, wenn wir uns da mehr am Goldenen Grund orientiert hätten, aber für die Netzgesellschaft mit dem Usinger Stromnetz ist leider ein anderes Konstrukt gewählt worden,“ so Ellen Enslin. Die Usinger Netzgesellschaft finanziert das Stromnetz von 7,377 Mio. € über 40 % Eigenkapital (EK) von 2,9 Mio. €: davon 1,421 Mio. € über die Süwag und 1,479 Mio. € über die Kommunen Usingen (1,037 Mio. € Usingen und 0,422 Mio. € Grävenwiesbach). Die anderen 60 % des Stromnetzes werden über Kredite von 3,3 Mio. € finanziert.
Auf die GRÜNE Forderung nach einer Risikoabschätzung wurde leider nicht eingegangen und so blieben viele wichtige Fragen unbeantwortet:
Da das benötigte EK von über 1 Mio. Euro kreditfinanziert werden muss, kann es durchaus zu einem Minus bei der Stadt kommen. Schon bei der Finanzierung des eingebrachten EK nach der üblicherweise zugrunde liegenden Afa-Liste des Bundesfinanzministeriums über 25 Jahre, würde die Stadt im Minus landen. Bei 20 Jahren, wie beim Goldenen Grund, wäre das Loch noch größer.
Ferner darf ein möglicher weiterer hoher Kapitalbedarf für Investitionen ins Stromnetz nicht vernachlässigt werden. Reichen die angenommenen Investitionskosten aus, um das Netz für die Zukunft fit zu machen? Denn es braucht enorme Investitionen:
- Für den Ausbau der Elektromobilität.
- Extremwetterereignisse oder Cyberattacken gefährden die Netzsicherheit und Verfügbarkeit. Hier müssen Stromnetze als kritische Infrastruktur besonders beachtet werden. Dies kostet zusätzlich viel Geld.
- Der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Integrierung von virtuellen Kraftwerken ist zu berücksichtigen.
Sowohl das Zinsänderungsrisiko, als auch das Umfeld- und Regulierungsrisiko blieben in der Usinger Kalkulation unberücksichtigt. Ferner hat die Stadt Usingen keinerlei Expertise im Stromnetzbetrieb und bleibt dadurch abhängig von der Syna. Um den Stromnetzkauf realistisch einschätzen zu können, braucht es einen belastbaren Businessplan, sowie eine vollumfängliche Risikobetrachtung, die immer wieder angemahnt wurde.
„Jede Rekommunalisierung ist eine Einzelentscheidung. Dafür braucht es eine individuelle, sorgfältige und wirtschaftlich solide Überprüfung der Chancen und Risiken. Einfach die Risiken ausblenden, nach dem Motto, es wird schon gut gehen und man muss auch mal Mut haben, ist keine verantwortungsbewusste Politik,“ gibt Ellen Enslin zu bedenken.
So wurden wichtige Daten für den Kauf leider nicht vorgelegt, um das Stromnetz und seine Potenziale bewerten zu können: die Grenzen des Netzes, wie viele Stromanschlüsse gibt es und was ist die jetzige Stromabgabe. Daneben müssen z. B. die demografische und die wirtschaftliche Struktur berücksichtigt werden: Bevölkerungsentwicklung, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze; Entwicklung Wohnungsbau und die Siedlungsdichte und Siedlungsstruktur. Siedlungsdichte und Siedlungsstruktur geben wertvolle Aufschlüsse über Energiedichte und Strukturen des örtlichen Energienetzes. Daraus können „Wertigkeiten“ des zukünftigen Netzbetriebes abgeleitet werden.
Die GRÜNEN hätten gerne dem Stromnetzkauf zugestimmt, aber es waren zu viele Fragen offen. Von den geforderten Antworten und Einschätzungen hätten doch alle profitieren können, um eine gute Entscheidung treffen zu können.
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