Ellen Enslin: Haushalt 2023

Herr Stadtverordnetenvorsteher, liebe Kollegen und Kolleginnen!

Wir leben in herausfordernden Zeiten: zweistellige Inflationsraten und der Hessische Finanzminister hat schon für 2023 und 2024 sinkende Steuereinnahmen prognostiziert. Durch den Ukraine-Krieg müssen sich alle neu aufstellen, dazu kommt Corona und die drohende Klimakrise.

Wobei ich das Gefühl habe, die Dramatik der Klimakrise ist in den Hintergrund geraten.

Die UN-Klimakonferenz in Scharm-al-Scheich hat noch einmal deutlich gemacht, wir müssen konsequent handeln, um das 1,5 Grad Ziel der Erderwärmung erreichen. Jedes Zehntel zählt!!!

Auch bei uns sind Extremwetter und Dürre angekommen. Kommunen tragen hier eine Verantwortung. Sie müssen dem durch ihre Klimapolitik gerecht werden.  
Während der Klimawandel in anderen Kommunen ein Hauptthema ist und sie schon sehr aktiv sind, muss sich Usingen mehr anstrengen als bisher:

Wie lassen sich CO2-Emissionen eindämmen, welche Anpassungsstrategie wird verfolgt, welche Priorität hat der Schutz der natürlichen Ressourcen.

Bis Ergebnisse des Klimakonzeptes in Maßnahmen umgesetzt werden und wirken können, wird es noch einige Zeit dauern, denn der Klimamanager nimmt erst nächstes Jahr seine Arbeit auf.

Unstrittige Klimaschutz-Maßnahmen im Haushalt: Fehlanzeige. Auch für Klimaanpassungsmaßnahmen wie Entsiegelungen, mehr Grünflächen, Fassaden- und Dachbegrünung gibt es keine Ansätze im Haushalt. 

Und obwohl Usingen als Klimakommune beim Klimaschutz als Vorbild vorangehen müsste, damit Unternehmen und Bürger*innen mitmachen, sind wir hier schwach aufgestellt: CO2-Bilanz, Ökostrom, Fehlanzeige! Und die letzte Fortschreibung des Aktionsplans für den Klimaschutz war im Juni 2019. 

Es hat schon einen fahlen Beigeschmack, wenn die Koalition unsere HH-Anträge mit fadenscheinigen Argumenten abbügelt, aber im Kreistag ähnliche Anträge schon längst in der Umsetzung sind!

Wir sind es den zukünftigen Generationen schuldig, dieses Thema konsequent zu behandeln.   Für die Zukunft der nächsten Generationen, und auch für unsere Zukunft ist das überlebenswichtig. Die Versäumnisse von heute müssen teuer bezahlt werden: unsichere Energieversorgung, hohe Kosten und das Wichtigste, die Möglichkeiten der zukünftigen Generationen sind erheblich eingeschränkt.  

Investitionsprogramm

Zu den größten Posten im Investitionsprogramm 2023 gehören die ISEK-Maßnahmen. Schon letztes Jahr haben wir kritisiert, wie munter aus dem großen Topf ausgegeben wird, ohne auf die Kosten zu achten. Für Kreisel und Bahnhofstraße, immerhin 4 Mio. €, oder die teure Beschilderung für über 100.000 €. Die Grundstückseigentümer im ISEK-Gebiet werden sicher erfreut sein, wenn sie in ein paar Jahren bei den teuren ISEK-Straßenmaßnahmen zur Kasse gebeten werden.

Dann der Neubau Feuerwehr Stützpunkt mit 1,5 Mio. € für 2023 und weitere 12,8 Mio.€ in den nächsten Jahren, nach aktuellen Kostenschätzungen.

Der angebliche „ökologische Umbau“ der Infrastruktur mit dem Stichwort „Radwegenetz“ fällt sehr mickrig mit 80.000 € aus und entpuppt sich lediglich als die beschlossenen Fahrradabstellplätze und ein kurzer asphaltierter Schotterweg als Lückenschluss. Allerdings ohne eine konkrete Maßnahme zu benennen. Das reicht bei weitem nicht aus!!!

Die Verkehrswende ist ein wichtiger Baustein im kommunalen Klimakonzept. Die Stärkung des umweltfreundlichen Verkehrs durch Verbesserungen für den Fuß- und Radverkehr muss oberste Priorität haben. Bis heute gibt es keinen durchgängigen Radweg von den Ortsteilen hin zu wichtigen Zielen in der Innenstadt.  

Für die Investitionsprojekte + 8,3 Mio. € Kredite und bis zum Jahr 2026 noch weitere VE von 36,1 Mio. €.

Schuldenstand Ende 2023 27,6 Mo. € und 2026 über 48 Mio. €.

Wir wollen im Investitionsprogramm andere Akzente setzen:

Von denen im HFA eingebrachten Anträgen werden wir unsere wichtigsten noch einmal einbringen:

  • 250.000 Euro für PV-Anlage auf städtischen Dächern, damit Usingen durch Eigenstrommodelle endlich Ökostrom selbst produziert und verbrauchen kann. Das stärkt auch die Energiesicherheit!
  • 50.000 € für eine Pumptrack
    Bewegung ist für Kinder und Jugendliche besonders in der Corona-Pandemie wichtig. Dafür braucht es attraktive Angebote. Neu-Anspach ist sogar bereit knapp 600.000 € für die Sanierung des Skaterparks bereitzustellen. 
  • 120.000 € Radweg B 039 Hochtaunuskreiskonzept: Rausreden Anfang des Jahres: Antrag welche Maßnahmen für Usingen wichtig sind aus Verwaltungssicht. Was bekamen wir zu höheren: zu früh, erst wenn das Nah-Mobilitätskonzept vorliegt. Obwohl das Konzept in erster Linie den Nahbereich bis 1,5 km untersucht.  
    2019 wurde das Nahmobilitätskonzept beschlossen. Anstatt mit einem Nah-Mobilitäts-Check innerhalb von sechs Monaten, wie dies schon andere Kommunen erfolgreich vorgemacht haben, warten wir immer noch auf die Ergebnisse der Befragungen!!! Natürlich immer noch keine Maßnahmen im HH.

Der von der Koalition eingebrachte Radwege-Antrag behandelt nur eine Querung der B456. Hier ist der BUND Baulastträger. Bevor die Stadt hier aktiv wird, sollte sie sich lieber für eine Querungshilfe Ortsausgang Usingen Richtung Bad Homburg in das Schleichenbach-Gebiet engagieren. Hier verläuft der R6 und viele Radfahrer*innen und auch Fußgänger*innen überqueren die B456.  
Wir hatten gefordert, rechtzeitig über die Usinger Projekte im HTK-Radwegekonzept zu diskutieren. Wurde allerdings hier im Stadtparlament abgelehnt.  

Ausblick:

Etliche wichtige Projekte wie Feuerwehr- und Kindergartenneubau in Eschbach und das Jugendzentrum verstecken sich im Haushalt, ohne ausreichende vorherige Diskussion.

Ergebnishaushalt

Dieser Haushalt schließt mit 2,1 Mio. € Defizit ab, und dass, obwohl wir satte Mehreinnahmen haben.

  • + 2,3 Mio. € Gewerbesteuer
  • + 1,3 Mio. € Einkommensteuer
  • + 2,0 Mio. € Mittelzentrum

Das reicht in Usingen aber immer noch nicht aus, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, denn wir leisten uns in Usingen viele Annehmlichkeiten, die teuer bezahlt werden müssen. 

Wir haben kein Einnahme- sondern ein Ausgabenproblem.

Die vielen kreditfinanzierten Projekte werden mit erhöhten Zinsaufwendungen die Haushalte belasten. Auch die Abschreibungen werden weiter steigen, und da belügen wir uns schon heute selbst. Mit einem Abschreibungszeitraum von 80 Jahre auf Gebäude wissen wir doch alle, da werden die Kosten schöngerechnet!!

Mit über 3 Mio. € freiwilliger Leistungen liegt Usingen weit über dem Durschnitt anderer Kommunen.

Im Bereich Kinderbetreuung haben wir einem Zuschussbedarf von knapp 4,5 Mio. €. Hier lohnt ein Blick auf Wabe mit 640.000 €, mehr als im Vertrag mit 591.000 € für die 100 Plätze steht.

Anstatt eine grundlegende Richtungsänderung im Haushalt einzuschlagen, geht die Koalition den Weg des geringsten Widerstands: Auflösen der Rücklage, bloß keine Veränderung in der Komfort-Zone. Und ab 2025 soll dann die Grundsteuer auf 600 Punkte erhöht werden! So einfach geht das nach CDU/SPD-Art.

Verantwortungsvolle Politik setzt auf zukunftsfähige Investitionen und schafft dafür die Voraussetzung.

Grünen Anträge:

  • + 25.000 € Gutachten für strukturierte Prüfung der städtischen Dächer für PV-Anlagen: HTK 50.000 €
  • Gegenfinanzierung über eine Reduzierung Feste und Veranstaltungen – 55.000 €
    Hier sind Sach- und Dienstleistungen von 213.850 € angesetzt. Hier etwas zu sparen, gefährdet nicht die Veranstaltungen, aber die Stadt erhält etwas Spielraum. Feiern auf Pump ist keine verantwortungsvolle Politik!  

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die größte Herausforderung für die Zukunft wird sein, dass Usingen als Klimakommune ihren Beitrag leistet, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten und die Schulden konsequent einzudämmen. Das sind wir den nächsten Generationen schuldig!

Usingen muss sich vorbereiten: wie lassen sich CO2-Emissionen eindämmen, welche Anpassungsstrategie wird verfolgt und welche Priorität hat der Schutz der natürlichen Ressourcen. Davon leider viel zu wenig im Haushalt.

Noch immer fehlen aussagefähige Kennzahlen und Ziele im Haushalt, die sich an den Fragen orientieren: Was machen wir, wie machen wir es, welche Wirkung hat es und was kostet es uns?

Nur so kann Verwaltungshandeln gesteuert werden und dem Parlament die Möglichkeit geben, die Verwaltung besser zu kontrollieren. Deshalb freut uns, dass auf unsere Initiative der AK Doppik wieder seine Arbeit aufnimmt.

Unser FAZIT und auch im HH-Vorbericht nachzulesen:

Die zukünftigen städtischen Haushalte werden erheblich belastet, wenn nicht endlich etwas geschieht. Wir müssen uns im Klaren sein, dass wir nicht alles halten können! Wir müssen jetzt handeln und Prioritäten setzen. Dazu gehört auch, die Bürgerhäuser und die städtische Infrastruktur auf den Prüfstand zu stellen, um für die Zukunft Lösungen zu finden. Das haben wir schon oft angesprochen, aber die Koalition drückt sich vor der Verantwortung.

Haushaltssicherungskonzept:

Da aus dem defizitären Ergebnishaushalt die Kredittilgung nicht gesichert ist, muss ein Haushaltssicherungskonzept aufgestellt werden. Es ist nicht einfach, über 2 Mio. € Defizit im Haushalt zu reduzieren, aber es wurde noch nicht einmal der Versuch von CDU/SPD unternommen! Verantwortungsvolle Finanzpolitik sieht anders aus. Der Griff in die Rücklage und ab 2025 die Grundsteuererhöhung sollen das kaschieren.  

Im Haushaltssicherungskonzept wird klar und deutlich eine kritische Analyse gefordert, dazu gehört z. B. eine Begrenzung der Sach- und Dienstleistungen, aber auch die der Personalkosten. Bei über 3 Mio. € lassen sich sicherlich Einsparpotenziale finden, wenn dies gewollt ist. 

Und der Sanierungsstau im Immobilienbereich, der seit HH-2017 immer wieder thematisiert wurde, zeigt doch nur, dass immer noch kein Konzept für den Umgang mit den städtischen Gebäuden vorliegt. Gebäude wegen zu teurer Sanierungskosten zu verkaufen, ist nun wahrlich kein Konzept.

Entwicklung/Perspektive

Die Entwicklung der Ergebnishaushalte zeigt Defizite für die nächsten Jahre auf: steigende Personalkosten, steigende Abschreibungen und steigende Sach- und Dienstleistungen. Außerdem werden durch Verpflichtungsermächtigungen etliche Projekte beschlossen und haben bis 2026 Gesamtkredite von über 48 Mio. € zur Folge.

Für die mittelfristige Finanzplanung ist auch keine Besserung in Sicht!

Anstatt bei Ausgaben und Projekten einen Gang zurückschalten, heißt es weiter so wie bisher.

Selbst „Sorgenkinder“ wie Neu-Anspach oder Wehrheim, denen die Einnahmen wegbrachen, haben in diesen Zeiten sogar in ihren Haushalten Überschüsse erzielt!! 

Anstatt Vorsorge zu treffen und Standards zu hinterfragen, will die Koalition ein „Weiter so“ und drückt sich vor der Verantwortung auch unliebsame Entscheidungen zu treffen. Das sollen dann andere machen z. B. die Genehmigungsbehörde!!!

Zudem sind die Maßnahmen für den Klimaschutz unzureichend und halbherzig.

Wir lehnen den Haushalt in allen Teilen ab.
Zum Schluss möchte ich der Verwaltung an dieser Stelle für ihre Arbeit zum Haushalt danken und Ihnen hier im Hause ein frohes Weihnachtsfest und fürs neue Jahr viel Glück, Gesundheit und Erfolg wünschen.

Verwandte Artikel