Ellen Enslin: Grundsatzbeschluss kommunale Grundstücksverkäufe

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren!

Im November 2021 hat dieses Parlament unter dem Titel „Strategische Neuausrichtung städtischer Liegenschaften“ einen Prüfauftrag erhalten. Es sollte der Verkauf von Liegenschaften geprüft werden.

Wir haben dazu eine Immobilienstrategie im letzten Haushalt gefordert, damit neben energetische Bestandsaufnahme auch der Sanierungsbedarf ermittelt wird. Denn wenn trotz Mieteinnahmen die Sanierungskosten zu hoch sind, und nur der Verkauf als Ausweg gesehen wird, dann ist schon vorher etwas schiefgelaufen.

Aber bei einer Immobilienstrategie geht es nicht nur um diese Punkte, sondern auch um das Verfahren und den Verkaufsprozess.

Aufgrund des Beschlusses haben wir schon vier Objekte in nichtöffentlicher Sitzung behandelt. Wir waren überrascht, was uns vorgelegt wurde und sahen dies auch nicht vom Beschluss so gedeckt.

Da wir davon ausgehen, dass in Zukunft noch weitere Immobilien-Objekte zum Verkauf vorgelegt werden, fordern wir hierfür ein abgestimmtes Verfahren.

Kommunale Grundstücks- und Immobilienverkäufe stehen im Spannungsfeld zwischen Verfassungs-, Vergabe- und Haushaltsrecht. Soll doch mit dem Verkauf des „Tafelsilbers“ gerade in schwierigen Haushaltslagen, durch die Kostenersparnis von Sanierungskosten, der Haushalt entlastet werden.

Das kann aber schiefgehen, wenn gesetzliche Vorgaben nicht erfüllt werden:

Wenn sich das Geschäft an Unternehmen richtet, kann das EU-Beihilferecht (Art. 107 Abs. 1 AEUV Vertrag Arbeitsweise europäische Union)vor dem Hintergrund fairer Wettbewerb zum Tragen kommen: Wirtschaftsgüter sollen nicht unter dem Marktwert verkauft werden, damit sich kein Marktteilnehmer einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen kann.

Dies kann vermieden werden, wenn ein Verkehrswertgutachten vorliegt. Oder durch ein diskriminierungsfreies, offenes und transparentes Auswahl- und Bieterverfahren.

Auch das Gleichheitsgebot nach Art. 3 Abs. 1 GG fordert ein transparentes, offenes und diskriminierungsfreies Auswahl- bzw. Bieterverfahren. Das Bieterverfahren muss ausreichend publik gemacht worden sein und die Öffentlichkeit muss von der Ausschreibung erfahren haben.

Dazu kommt, dass Kommunen dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach HGO und GemHV verpflichtet sind. Grundsätzlich sollen Grundstücke/Immobilien nach dem Verkehrswert und nicht nach dem Buchwert bemessen werden. Ausnahmen gibt es, wenn ein öffentliches Interesse bestehen sollte wie z. B . hauswirtschaftliche Gründe. Aber das ist dünnes Eis, wie ein Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel zeigt. Haushaltsrechtliche Gründe sind nur zulässig, wenn der Erhaltungs- und Unterhaltungsaufwand den Gemeindehaushalt unverhältnismäßig belastet oder der Verkaufspreis zur Deckung eines akuten Finanzbedarfs benötigt wird. Das muss dann allerdings nachgewiesen werden. Nur dies einfach zu behaupten reicht nicht aus.

Es ist wichtig, bei den Immobilienverkäufen mögliche Stolperfallen zu umgehen, damit die Beschlüsse nicht ungültig sind. Die Geschäfte müssten sonst mit erheblichen Kosten rückabgewickelt werden!

Deshalb haben wir auch eine Immobilienstrategie gefordert, die u.a. diese Punkte berücksichtigen sollte.

In anderen Kommunen sind Immobilienverkäufe öffentlich auf der Website einzusehen und „jeder und jede“ kann sich bewerben.

Verstehen Sie uns nicht falsch. Grundsätzlich wollen wir uns Immobilien-Verkäufen nicht verschließen. Aber das Verfahren muss stimmen. Es muss rechtssicher und transparent sein, um einen möglichst guten Verkaufspreis erzielen zu können.

In Bad Homburg z. B. werden Objekte öffentlich mit Exposé auf der städtischen Website angeboten, und während einer Frist können Bieterangebote abgegeben werden.

Um bei weiteren Liegenschaftsverkäufen auf der sicheren Seite zu sein, sollten die im Antrag vorgeschlagenen Vorgaben eingehalten werden.

Wir bitten um Zustimmung.

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